Samstag, 21. Juni 2014
Notaufnahme
Herr Braun lag auf dem Bauch. Unter ihm lag Rita auf dem Bauch. Herr Braun hatte sein Ding in der linken Hand, er wollte es in ihren Po stecken. Auch Rita war Linkshänderin, das hatte ihn gleich an ihr fasziniert. Herr Braun hatte einen aufrichtigen Blick für diese kleinen unscheinbaren Kniffe. Herr Braun dachte nicht, Rita würde ihn lieben, denn insgeheim wusste er, sie vergötterte ihn. Keine Ahnung warum sie das macht, dachte Herr Braun, denn Rita sprach nicht seine Sprache. Sie sprach überhaupt keine Sprache, die er verstand, vielleicht weil sein Verstand sich so erschöpft fühlte auf Rita. Es war heiß, das Ventil am Heizkörper im Flur war abgebrochen und nun heizte der Körper als gelte es sein hohles metallenes Selbst zum Schmelzen zu bringen. Sein Ding passte nicht, es glitschte weg. Einen Klempner sollte man holen. Über ihm wohnte Herr K, so nannte Herr Braun Herrn Kalisgiwiszh. Herr K. hatte viele Jahre als Klempner gearbeitet, bevor er wegen seiner Kupfer-Allergie zum staatlich geprüften Hartzer umgeschult wurde. Jetzt kurz vor der Rente hatte er es geschafft. Er hatte ein eigenes Unternehmen. Nicht ohne Erfolg, wie Herr Braun, nicht ohne Neid, anerkennen musste. Zwei heiße Tage hatte er bei Herrn K. ausgeholfen. An heißen Tagen ist besonders viel los, sagte Herr K. Logisch, dachte Herr Braun. Beinahe wäre er ausgeraubt worden, beinahe hätte er eins auf die Fresse gekriegt, beinahe wäre er gestorben vor Durst. Immerhin war er auf einem seiner endlosen Wege über Rita gestolpert. Es gab anscheinend keinen anderen Ausweg für ihn. Sonst wäre der Job an ihm kleben geblieben, dachte Herr Braun. So blieb Rita an ihm kleben. Sie saß am Kotti neben der Treppe zur U8 und hatte mit ihrem linken Arm eine 25-Cent-Flasche umklammert. Beide wirkten wie zusammen gewachsen, wie ein Körper. Mutter und Kind. Darum nahm er beide mit. Herr Braun machte keine Kompromisse. Das hatte er in der kurzen Zeit bei Herrn K. schon mitbekommen, wer Kompromisse macht, macht keine Kohle und wer keine Kohle macht, der ist ein Arsch. So redete Herr K., der Unternehmer, unentwegt und irgendwann, Herr Braun wusste nicht mehr nach wie vielen Stunden des mühsamen Einerleis, begann es in seinem Kopf zu glimmern. Keine Frage, dachte Herr Braun, Herr K. wusste Bescheid. Bei der Flaschenannahme aber wollten sie Rita nicht. Wir nehmen nur Flaschen, keine Körper, sagten sie dort. Damit hatte Herr Braun nicht gerechnet. Er hatte Rita bis dahin nur als einen Teil der Flasche angesehen. Was sollte geschehen? An Ort und Stelle liegen lassen durfte er sie auch nicht. Herr K. schüttelte energisch den Kopf. Die wollen hier keinen Müll, sagte er, nur Flaschen. Nimm‘ sie mit, schlug er vor, nimm‘ sie doch mit, bitte, du hast doch Platz. Herr K. hatte ein Herz. Das war neu für Herrn Braun, ein Unternehmer mit Herz. Überrumpelt von diesem Gefühl hakte er Rita unter. Nun saß sie neben ihm in der U8 und schien mit ihren Augen nach seinem Ding zu suchen. Herrn Braun war das irgendwie unangenehm. Oder suchte sie nach ihrer Flasche? In seinem Rucksack fand er eine letzte 25-Cent-Flasche. Als er ihr die in den Arm drückte, huschte etwas über ihr Gesicht, die Andeutung eines Lächelns vielleicht, Herr Braun war wie vor den Kopf geschlagen, bestürzt über die winzig kleinen Grübchen in der von Blut und Schmutz entstellten Visage, Grübchen voll hundsgemeiner Bitterkeit. Unversehens wurde ihm klar, wie sehr dieses wertlose Geschöpf seiner Mutter ähnelte und er gab ihr spontan den Namen Rita. Herrn Braun lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Sein Ding war drin. Tiefe Rührung übermannte ihn. Mutter, sagte er, Rita, sagte er, ich …, sagte er.

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