Dienstag, 20. Januar 2015
Nikolaus
Herr Braun, da sind Sie ja endlich, hallo, kommen Sie herein, setzen Sie sich bitte. Schön, dass Sie Zeit gefunden haben zu einem kleinen Plausch unter Kollegen. Nein, bitte nicht dort hinten auf den kleinen Hocker, der bricht ja fast zusammen. Außerdem sehe ich Sie da kaum. Kommen Sie doch zu mir an den Schreibtisch, hier steht ein gemütlicher Sessel, der scheint wie für Sie gemacht. Bitte, Herr Braun, zieren Sie sich doch nicht. Also, na gut, wenn Sie es wünschen, bleiben Sie dort hinten sitzen. Dann komme ich eben zu Ihnen. Herr Braun, warum ich Sie zu mir gebeten habe, hat einen einfachen Grund. Sie sind jetzt zwei Tage bei uns und natürlich erwarten wir nicht, dass Sie sich schon voll und ganz bei uns eingelebt haben. Die Auswahl der Waren ist vielfältig und natürlich müssen Sie sich vertraut machen mit den Umständen unter denen diese angeboten werden, aber ein Entgegenkommen von Ihrer Seite ist auch erforderlich. Wie man mir berichtete, sind Sie gestern und vorgestern zwei Stunden zu spät gekommen. Gut, Sie haben dann sogar im Lager geschlafen, wohl um morgens pünktlich zur Stelle zu sein, wie ich glauben möchte, aber dann waren Sie doch wieder zu spät. Und dazu noch angetrunken. Herr Braun, Sie müssen wissen, ich bin kein Fanatiker, aber Ihre allgemeine Einstellung lässt etwas zu wünschen übrig und mich die Frage stellen, ob Sie sich bewusst sind, ob der Chance, die Ihnen hier geboten wird. Ihre Frau Mutter war selbst lange im Geschäft tätig und hat Sie uns empfohlen, wenn auch mit einer gewissen Zurückhaltung, wie ich hinzufügen muss. Sie sagte, Sie wären krankheitsbedingt längere Zeit beeinträchtigt gewesen, Sie hätten dieses schwierige Kapitel aber hinter sich gelassen und wären bereit Ihr Leben neu aufzustellen. Ihre Frau Mutter ist eine gute Frau, auch eine harte Frau, ich weiß, aber vor allem eine Frau, der man einen Gefallen nicht abschlägt. Nur darum sind Sie hier. Natürlich ist es schwierig am Anfang in diesem lächerlichen Kostüm auf dem Trottoir eine gute Figur zu machen, aber meinen Sie nicht, Sie könnten es wenigstens einmal probieren? Oder muss ich Ihrer Frau Mutter berichten, dass Sie der Aufgabe nicht gewachsen sind? Das wollen wir doch nicht, nicht wirklich oder? Nein, oder?

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